Technisches Zeichnen: Toleranzen bestimmen 13.05.2009, 14:36

Toleranzen bestimmen, Vorschaubild

Wie genau müssen eine in der Zeichnung angebene Länge oder ein Winkel gefertigt werden? Dies hängt von der Funktion des Bauteils innerhalb seiner Baugruppe ab. In diesem Beitrag: Allgemeintoleranzen, Abmaße eintragen, Spiel, Übermaß usw.

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2. Ausbildungsjahr

Toleranzen eintragen 

Maschinenbauteile müssen den Kriterien des so genannten »Austauschbaus« genügen. Dieser bildet die Grundlage für die Großserien- und Massenfertigung. Austauschbau ist möglich, wenn beliebig viele an verschiedenen Orten gefertigte Teile »X« zu beliebig vielen ebenso gefertigten Teilen »Y« ohne Nacharbeit passen. Das System des Austauschbaus setzt allgemein verbindliche Normen und standardisierte Toleranzen und Passungen voraus. Meistens werden die genormten Passungen und die zugehörigen Fertigungstoleranzen bereits in der Konstruktionsphase festgelegt.

Wie genau müssen eine in der Zeichnung angebene Länge oder ein Winkel gefertigt werden? Dies hängt von der Funktion des Bauteils innerhalb seiner Baugruppe ab.

1. Allgemeintoleranzen

Aus Fertigungs- und Kostengründen gesteht man jeder Werkstückabmessung, also dem theoretischen Nennmaß, eine Fertigungstoleranz zu. Um diese nicht jedesmal neu beschreiben zu müssen, wurden in DIN ISO 2768-1 verbindliche Allgemeintoleranzen festgelegt.

Grenzabmasse_Tabelle

Ihre Größen (siehe Tabelle) richten sich
- nach der Nennmaßgröße. Je größer (kleiner) das Nennmaß ist, desto größer (kleiner) ist die Toleranz
- nach der Toleranzklasse: Die Erzeugnisse einer Bauschlosserei müssen nicht so genau sein wie Bauteile eines feinmechanischen Produkts. Dies berücksichtigen vier Toleranzklassen: fein, mittel, grob, sehr grob.

Für die Herstellung muss es auf jeder Zeichnung einen Hinweis geben, nach welcher Toleranzklasse das Bauteil zu fertigen ist. Verlangt ein Werkstück jedoch andere als die in der Tabelle stehenden Abmaße, dann werden sie neben dem jeweiligen Nennmaß angegeben.

Beispiel Führungsbuchse, Nennmaß 48

Fuehrungsbuchse

Würden für das Nennmaß 48 die Allgemeintoleranzen nach DIN ISO 2768-1 gelten, dann müsste das Istmaß innerhalb der Grenzen 47,7 und 48,3 mm liegen (die Toleranz ist 48,3 – 47,7 = 0,6 mm). Da aber 48 0/+0,2 vorgeschrieben ist, muss sich das Fertigmaß zwischen 48,2 und 48,0 bewegen; die Toleranz ist dann 48,2 – 48,0 = 0,2 mm.

Die Maße, die man am fertigen Teil misst, werden Istmaße genannt. Liegt ein Istmaß innerhalb des tolerierten Bereichs, ist es »gut«, liegt es außerhalb, ist es »Ausschuss«. Falls sich ein Ausschussteil überhaupt nachbearbeiten und damit retten lässt, ist zuvor die Frage zu klären, ob sich der Aufwand kostenmäßig lohnt.

2. Nennmaße mit Abmaßen

Begriffe
Das Nennmaß wäre das ideale Sollmaß. Es muss in der technischen Zeichnung auf jeden Fall angegeben werden. Handelt es sich um zwei für den Zusammenbau vorgesehene Teile - z.B. eine Bohrung und eine Welle -, dann erhalten beide Teile dasselbe Nennmaß. Die Toleranzen beziehen sich auf das Nennmaß, das man in Erklärungen wie hier auf eine vereinfachte Nulllinie reduziert. 6 Schlüsselbegriffe sind:
- Nennmaß
- oberes Abmaß mit Vorzeichen + oder –
- unteres Abmaß mit Vorzeichen + oder –
- Toleranz ohne Vorzeichen
- Mindestmaß
- Höchstmaß

Toleranzfelder, Toleranzfeldlage

Toleranzfelder können alle möglichen Lagen zur Nullllinie einnehmen: Sie können nach oben und unten über die Nulllinie hinausragen, sie können insgesamt oberhalb oder unterhalb der Nulllinie liegen.

Wie man Abmaße in die Zeichnung einträgt

Toleranzen in Zeichnungen

 

In der Zeichnung zu beachten: Die Abmaße schreibt man in Nennmaß-Schriftgröße hinter das Nennmaß.

Angaben als Kurzzeichen der Toleranzklasse (bisher ISO-Toleranz): Hier geht es um Passungen. Das Thema behandeln wir später.

3. Winkelmaße

Die Maßeintragung entspricht der von Längenmaßen; siehe Bilder unten.

Winkelmasse

4. Spiel und Übermaß bei zusammengebauten Teilen

Werden zwei Teile (Bohrung und Welle) zusammengebaut, dann gibt es drei Möglichkeiten der Bauteilpaarung:
- Zwischen beiden Teilen besteht ein Spiel; das Innenteil ist kleiner als das Außenteil
- Zwischen beiden Teilen besteht ein Übermaß. In diesem Fall ist das Innenteil größer als das Außenteil
- Zwischen beiden Teilen besteht je nach Istmaß ein Spiel oder ein Übermaß ( = Übergangspassung, kein Bild).

Bild unten: Speziell bei der Übermaßpaarung erkennt man, dass im Zehntelmillimeter-Bereich liegende Abmaße zu fast gewalttätigen Übermaßen führen würden. Im Maschinenbau benötigt man eher Abmaße im Tausendstel-, höchstens im Hundertstelmillimeter-Bereich. Diese werden von Passungen abgedeckt.

Spiel und Übermaß

5. Übungen

Tabelle: Füllen Sie die leeren Felder aus.

Aufgaben: Abmaße bestimmen

 

Lösung

Toleranzen: Aufgaben-Loesung

__________________

Das Thema Passungen zusammen mit Übungen hier.

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Kommentare

5

Zum Artikel "Technisches Zeichnen: Toleranzen bestimmen".

  • #1

    In der Tabelle DIN Iso 2768-1 Allgemeintoleranzen ist die Kurzform für grob nicht g sondern c für englisch coars (grob) und v steht dann für very coars.

    schrieb bernd otte am

  • #2

    Hallo Herr Junjun,

    wir grüßen Sie aus der Ferne!
    Sie haben sehr genau gelesen. Die Aussage zum Übermaß stimmt nicht; wir werden sie ändern.

    Gruß
    tec.LF

    schrieb Der Lehrerfreund am

  • #3

    Hallo,das ist ein Freund aus China.Im Part 4 ist vielleicht ein Fehler.
    Bei der zwei folgenden Sätze sind die Bedeutungen gleich,aber in der Praxis sind sie umgekehrt.(zwischen “kleiner” und “größer”)

    ” - Zwischen beiden Teilen besteht ein Spiel; das Innenteil ist kleiner als das Außenteil
    - Zwischen beiden Teilen besteht ein Übermaß. In diesem Fall ist das Außenteil größer als das Innenteil “

    schrieb Junjun am

  • #4

    Hallo Martin,

    danke! Sie haben genauer gerechnet als wir. Wir werden es richtigstellen.

    Gruß
    tec.LF

    schrieb Der Lehrerfreund am

  • #5

    Hallo, in der Lösung ist ein Fehler. Bei Bohrung 2 / Welle 2 gibt es ein Mindestübermaß von -0,05.

    (Püm=GoB-GuW -> Püm= 30,05-30,10 -> Püm= -0,05)

    schrieb Martin am

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zum Artikel "Technisches Zeichnen: Toleranzen bestimmen".



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