Deutsch und Technik: Deppen Leerzeichen und andere Mode Macken (8) 05.03.2016, 06:38
Eine Macke ist eine Spinnerei, eine Marotte, ein Tick, eine Schrulle. Der tec.LEHRERFREUND beschäftigt sich hier etwas näher mit dem Deppenapostroph, auch die Apostrophitis, auseinandergerissenen, zusammengesetzten Hauptwörtern und mit dem Konjunktiv-Jammer.
Ausdruck im technischen Unterricht: Modemacken
Was ist eine »Macke«? Eine Macke ist eine Spinnerei, eine Marotte, ein Tick, eine Schrulle. Im Süddeutschen wird Mode oft zu Mödele; diese Verkleinerungsform zeigt dem Eingeweihten: Da macht sich wieder einmal etwas Dummes, Einfältiges breit.
Wie bei der Kleidung gibt es auch in der Sprache Modeerscheinungen. Plötzlich tauchen sie auf – niemand weiß, woher sie kommen und jeder, dem die Sprache wichtig ist, fühlt sich verunsichert (oder besser (?) »irritiert«, weil irritiert nur drei Silben hat?). Einige dieser Modeerscheinungen auf dem weiten Sprachparkett sind und waren in letzter Zeit
– der Deppenapostroph, auch die Apostrophitis
– auseinandergerissene zusammengesetzte Hauptwörter (Substantive)
– der Jammer mit dem Konjunktiv (Möglichkeitsform). Um den Konjunktiv wird allerdings nicht erst seit gestern gestritten, und er scheint immer mehr zum Verlierer zu werden.
Gottseidank verschwinden Sprachmoden wie Kleidermoden und wir erkennen: Es war nichts Endgültiges. Die technische Sprache bleibt von solchen Entwicklungen nicht verschont. Deshalb wollen wir uns die drei zuvor genannten Verirrungen etwas näher ansehen.
Der Deppenapostroph, die Apostrophitis
Wir schrecken hoch, wenn es etwa heißt: ... mehrere Auto´s; Kraftfahrzeuge werden in Pkw´s und Lkw´s eingeteilt; ... Robert Bosch´s Erfindung; ... recht´s von der Pumpe ...
Die Regel besagt: Die einzige Aufgabe des Apostrophs ist, anzuzeigen, dass ein Laut oder Buchstabe ausgelassen wurde. Wird kein Buchstabe ausgelassen, hat auch der Apostroph keine Berechtigung.
Völlig daneben liegt deshalb die Apostrophierung von Wörtern, die auf -s enden: allseits (allseit´s), bereits, eigens, nichts, rechts, stets, nirgends.
Der Apostroph beim Plural-s ist ebenso unmöglich: Autos (Auto´s), Clubs, Dias, Disks, E-Mails, Gullys, Jobs, Smartphones, Taxis, Videos.
Dies gilt auch für Abkürzungen, die im Plural stehen. Auch sie bleiben ohne Apostroph, oft muss man nicht einmal ein s anhängen: alle AG(s), etwas auf DVDs brennen, die GmbHs, mehrere Lkw(s), viele Pkw(s).
Bei Eigennamen im Genitiv steht in der Regel kein Apostroph: Brunos Schwester, Steinmeiers Politik, Goethes Gedichte, Dortmunds Hafen. (Ausnahmen: bei Firmenschildern und Namen auf s-Lauten).
Zieht man einen bestimmtem Artikel (der, die, das) mit vorangehender Präposition (auf, in, unter, bei, vor, für usw.) zusammen, bleibt der Apostroph auch weg: hinterm Computer, unterm Motor, ins Haus, beim Messen, vorm Tor, durchs Fenster, vors Auto.
Es gibt natürlich auch Fälle, in denen ein Apostroph angebracht ist. Wie die Regeln dafür heißen, müssten Sie im DUDEN oder in anderen Sprachbüchern nachlesen.
Zusammengesetzte Hauptwörter (Substantive) auseinanderreißen
Ist es richtig, wenn man schreibt: Brat Wurst, Technik Geschichte, Lkw Anhänger, Batterie Aufladung, Carl von Ossietzky Universität?
Es ist nicht richtig – die vier sind Teil eines derzeit beliebten Modemackens (hoffentlich nicht eines Mode Macken´s!).
Kürzlich führten wir uns den Online-Aufsatz eines VDI-Vorstandsmitglieds1) zu Gemüte; dort stand unter anderem wörtlich2):
»Der Forderung des VDI und anderer Interessengruppen nach Einführung eines Technik Unterrichtes an den Schulen wird häufig mit dem Argument begegnet,
– es handele sich um eine interessengesteuerte Lobbyisten Forderung,
– mit gleichem Recht müssen Informatik, Wirtschaftskunde, Musik, Ethik u.a. ausgeweitet werden,
– das Stunden Kontingent lässt diese zusätzlichen Forderungen nicht zu,
– im Übrigen kann man das Problem durch Integration in den Physikunterricht lösen.
Diese Argumentationsketten dokumentieren die ausgeprägte Abstinenz der Pädagogik gegenüber der Technik und der Fehleinschätzung, in der Technik keinen bildungswerten Gegenstand allgemeiner Bildung zu sehen. Gegebenenfalls wird auch die Ausrede genannt, das macht doch der Physikunterricht.
Um diese Situation zu korrigieren, bedarf es eines anderen Technik Verständnisses, die eindimensionale Sicht auf die Sachtechnik ist zu ändern in die Bereitschaft, der Technik eigene kulturelle Wirklichkeit und Welt Gestaltung, also eine Kultur prägende Kraft zuzubilligen.«
Sie haben richtig gelesen: Technik Unterrichtes, Technik Verständnisses, Lobbyisten Forderung, Stunden Kontingent, Welt Gestaltung.
Neben seinem Deppenleerzeichen in »Technik Unterricht« verwendet der Autor im weiteren Text durchaus auch die Formen Technikunterricht und Technik-Unterricht.
Bezeichnend auch der Begriff Abstinenz. Was bedeutet Abstinenz? Es bedeutet Enthaltsamkeit. Was muss man sich unter »Enthaltsamkeit der Pädagogik gegenüber der Technik« vorstellen? Müsste der wackere Kämpfer nicht zufrieden sein, wenn sich die Pädagogik in die Technik einmischt, zumal beide zumindest auf der Schulebene einiges miteinander zu tun haben?
Keiner ist davor gefeit, hin und wieder ein Fremdwort zu benützen ohne genauer über seine Bedeutung nachgedacht zu haben. Sicher wollte unser Kämpfer für den Technik Unterricht anstatt Abstinenz Technikfeindlichkeit sagen. Dann wäre allerdings der Satz »Technikfeindlichkeit der Pädagogik gegenüber der Technik« doppelt gemoppelt: »Technikfeindlichkeit der Pädagogik« würde reichen, fertig.
1) VDI: Verein Deutscher Ingenieure
2) Quelle: Technikunterricht versus Naturwissenschaftlicher Unterricht
http://www.vdi-bb.de/projekte/tis_public/2011/Technik_vs_natUnterricht_Jan2011.pdf
Wir kehren zurück zu Technik Unterricht, Technik Verständnis, Lobbyisten Forderung, Stunden Kontingent, Welt Gestaltung.
Hat der Mann je im DUDEN geblättert? Dort würde er solche Konstruktionen vergeblich suchen. Wie kommt er dazu, diese doch zusammengehörigen Wörter auseinanderzureißen? Wir wissen es nicht. Ein möglicher Grund: Er hat ähnliche Beispiele woanders gelesen und sie haben ihm schwer imponiert. Was machen wir aber nur, wenn ihm morgen einfällt, uns mit einem Diesel Motor, dem Lehrer Freund oder einem Staub Sauger Filter zu belästigen? Bei den von ihm hingeschriebenen Begriffen kann es nur um die Frage gehen: Schreibt man sie zusammen oder erhalten sie einen Bindestrich?
Wir behaupten: Technikunterricht, Technikverständnis, Stundenkontingent, Weltgestaltung werden zusammengeschrieben.
Die Lobbyisten-Forderung ist eine etwas schwer wirkende Zusammensetzung, weshalb ihr ein Bindestrich gut tut. Und wir sind froh, dass neben der in ihrer Schreibweise anscheinend schick aussehenden Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg wenigstens die Stadt Heidelberg bei ihrer Ruprecht-Karls-Universität und München bei der altehrwürdigen Ludwig-Maximilians-Universität geblieben sind.
Der Jammer mit dem Konjunktiv
Hier begeben wir uns auf ein weites und zugegeben schwieriges Feld, auf dem wir uns nur am Rand mit ein paar Beispielsätzen bewegen wollen.
Zu manchen Zuständen kann ich anmerken: Sie machen mir eine wirkliche Freude.
Bei anderen dagegen zweifle ich und stelle fest: Sie könnten mir eine Freude machen.
Sie machen mir eine wirkliche Freude; sie machen, das ist die Wirklichkeitsform – der Indikativ.
Sie könnten mir eine Freude machen; könnte, könnten, das ist die Möglichkeitsform – der Konjunktiv von können.
Setzen wir uns in die Gesprächsrunde, die gerade im Beitrag 5.2 über das Zweiganggetriebe diskutiert.
Da fragt sich Zuhörer 1: Wäre nicht alles verständlicher, wenn die Zeichnung der Bohrmaschine auch das Gehäuse zeigt?
Man merkt, dem Knaben ist der Konjunktiv in der indirekten Rede ein böhmisches Dorf, denn er müsste sagen:
Wäre nicht alles verständlicher, wenn die Zeichnung der Bohrmaschine auch das Gehäuse zeigte? (Nicht: »zeigen würde«, denn eine alte Regel sagt: Wenn und Würde beißen sich).
Zuhörer 2: Du hast gesagt, die Schlagmechanik wird in der Präsentation nicht besprochen.
Hier gibt Zuhörer 2 wieder, was der Vortragende gesagt hat, will aber dessen Rede nicht wörtlich (direkt) wiederholen, sondern indirekt. Dann müsste es heißen: Du hast gesagt, die Schlagmechanik werde in der Präsentation nicht besprochen.
Zuhörer 3 glaubt: Es ist doch bestimmt vorteilhafter, wenn man anstelle der Muffe ein Schieberad verwendet.
Besser hätte er gesagt: Es wäre doch bestimmt vorteilhafter, man hätte anstelle der Muffe ein Schieberad verwendet.
Zuhörer 4 fragt: Welche Auswirkung hätte es, wenn man auf den Dichtungsring verzichtet?
Korrekt: Welche Auswirkung hätte es, wenn man auf den Dichtungsring verzichtete?
Wir sehen uns nochmals den Aufsatz des VDI-Vorstandsmitglieds an. Dort heißt es: »Der Forderung des VDI ... wird häufig mit dem Argument begegnet,
– es handele sich um eine interessengesteuerte Lobbyisten Forderung,
– mit gleichem Recht müssen Informatik, Wirtschaftskunde, Musik, Ethik u.a. ausgeweitet werden,
– das Stunden Kontingent lässt diese zusätzlichen Forderungen nicht zu,
– im Übrigen kann man das Problem durch Integration in den Physikunterricht lösen.«
Weiter unten steht noch: ... Gegebenenfalls wird auch die Ausrede genannt, das macht doch der Physikunterricht.
Dabei zitiert der Autor jemanden, der wörtlich sagte: »Das macht doch der Physikunterricht«.
Wenn das VDI-Vorstandsmitglied sagt, es werde einer Aussage mit einem Argument begegnet, dann hat das Argument zuvor jemand in wörtlicher Rede vorgebracht, z. B. so: »Erzählen Sie mir, was Sie wollen: Da handelt es sich doch nur um eine interessengesteuerte Forderung von Lobbyisten«.
Gibt man diese Aussage wieder (wie in dem erwähnten Aufsatz), dann schreibt man sie in indirekter Rede. Das hat unser Autor im ersten Satz auch gemacht. Doch dann war er nicht mehr konsequent, denn er hätte schreiben müssen:
– mit gleichem Recht müssten Informatik, Wirtschaftskunde, Musik, Ethik u.a. ausgeweitet werden,
– das Stundenkontingent lasse diese zusätzlichen Forderungen nicht zu,
– im Übrigen könne man das Problem durch Integration in den Physikunterricht lösen.
Den Satz: »... Gegebenenfalls wird auch die Ausrede genannt, das macht doch der Physikunterricht« schreiben wir mit dem ihm zustehenden Konjunktiv: Gegebenenfalls wird auch die Ausrede genannt, das mache (lehre, übernehme ...) doch der Physikunterricht.
10 Übungsaufgaben zum Konjunktiv
Was ist richtig, was falsch?
1. Es sieht aus, dass der Verbrauch von Metallen weltweit zurückgeht.
2. Er vertritt die Meinung, Kunststoffe sind immer dort problematisch, wo sie Kräfte übertragen müssen.
3. Er würde sofort eine Verstärkung einschweißen, wenn er weiß, der TÜV ist damit einverstanden.
4. Es wäre gut, wenn Du zuvor ein Praktikum absolvierst.
5. Es wäre schön, wenn Du auch kommst.
6. Er sagte, er kommt.
7. Im Fachbuch ist zu lesen, der Halbschnitt muss bei stehenden Teilen rechts und bei liegenden unten gezeichnet werden.
8a. In dieser Tabelle sieht man, dass der Auszubildende seinen ganzen Urlaub genommen hat.
8b. Der Auszubildende behauptet dagegen, er hat noch zwei Tage Urlaub gut.
9. Sie hielt dagegen, die Preise für Seltene Erden steigen auf breiter Front.
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So ist es besser:
1. Es sieht aus, als ob der Verbrauch von Metallen weltweit zurückginge/ als ginge der Verbrauch ....
2. Er vertritt die Meinung, Kunststoffe seien immer dort problematisch, wo sie Kräfte übertragen müssen.
3. Er würde sofort eine Verstärkung einschweißen, wenn er wüsste, ob der TÜV ist damit einverstanden ist / dass der TÜV damit einverstanden ist.
4. Es wäre gut, wenn Du zuvor ein Praktikum absolviertest.
5. Es wäre schön, wenn Du auch kämst.
6. Er sagte, er komme.
Dagegen: Er sagte, er käme zu gerne, aber an dem Tag sei er beim Schifahren. Also: Er kommt nicht.
7. Im Fachbuch ist zu lesen, der Halbschnitt müsse bei stehenden Teilen rechts und bei liegenden unten gezeichnet werden.
8a. In der Tabelle sieht man, dass der Auszubildende seinen ganzen Urlaub genommen hat.
8b. Der Auszubildende behauptet dagegen, er habe noch zwei Tage Urlaub gut.
9. Sie hielt dagegen, die Preise für Seltene Erden stiegen auf breiter Front / würden auf breiter Front steigen.
Bei 2., 7., 8b. und 9. wird die indirekte Rede benutzt, die den Konjunktiv fordert.