Ottomotor (2): Zweitaktmotor 09.03.2012, 06:29
Zweitaktmotoren zeichnen sich aus durch ihre einfache Konstruktion mit wenigen beweglichen Teilen und ihre hohe Literleistung. Ihre Schwäche: der geringe Liefergrad.
Der Zweitaktmotor
Welchen Vorteil haben Zweitaktmotore und wo werden sie eingesetzt?
Zweitakter stechen hervor durch ihr/e
- einfache Konstruktion mit wenigen beweglichen Teilen,
- kleines Bauvolumen,
- geringes Motorgewicht,
- hohe Hubraumleistung (angegeben in Kilowatt Leistung pro Liter Hubraum)*.
Viele Zweiräder bis 80 cm3 werden von Zweitaktmotoren angetrieben, ebenso Kleingeräte, wie Gartenfräsen, Kettensägen oder Rüttelplatten. In den USA haben sie interessanterweise einen großen Marktanteil auch bei Lastwagen, Schienenfahrzeugen und Schiffen. In Personenkraftwagen hat der Zweitaktmotor ausgedient.
Großmotoren wie z. B. Zweitakt-Schiffsdiesel zeichnen sich durch einen geringen Kraftstoffverbrauch und hohe Leistungsdichte aus.
Nachstehend beschreiben wir den einfachen, schlitzgesteuerten Zweitaktmotor, wie er in Kleingeräten und Mopeds verwendet wird.
* Die Hubraumleistung vergleicht die Leistung von Motoren mit verschieden großen Hubräumen. Die effektive Leistung bezieht sich auf einen Liter Gesamthubraum.
Aufbau (Bilder 1 bis 5)
Der Zweitaktmotor besteht aus drei beweglichen Teilen:
- Kolben,
- Pleuelstange,
- Kurbelwelle.
Zum Zylinder gehören
- der Einlasskanal (Ek)
- Auslasskanal (Ak) und
- der Überströmkanal (Ük).
Der Überströmkanal schafft - je nach Kolbenstellung - eine Verbindung zwischen dem gasdichten Kurbelgehäuse und dem Zylinder.
Weil der Kolben den Einlass- und Auslassschlitz öffnet und schließt, benötigt der Zweitakter keine zusätzlichen Steuerorgane für den Gaswechsel.
Die Takte im Zweitaktverfahren
Knapp zusammengefasst sind dies:
1. Takt:
Bei der Aufwärtsbewegung des Kolbens wird das im Zylinder befindliche Kraftstoff-Luft-Gemisch verdichtet. Dabei erhöht sich, wie schon beim Viertaktverfahren beschrieben, die Temperatur des Gases.
Das Kraftstoff-Luft-Gemisch wird durch eine Zündkerze entzündet. Bei der anschließenden Ausdehnung des Gases wird die freigewordene Wärme in mechanische Energie umgewandelt (Bild 1).
2. Takt:
In der Nähe des unteren Totpunktes öffnen der Ak und der Ek, und das Abgas entweicht durch seinen Restdruck (Bild 5).
Die verbrannten Restgase werden durch das einströmende Frischgas ausgespült. Auf dem Weg des Kolbens nach OT werden Ak und Ek wieder verschlossen; das Frischgas wird aufs Neue verdichtet.
Durch die Aufwärtsbewegung des Kolbens entsteht im Kurbelgehäuse eine Raumvergrößerung. Sie hat einen Unterdruck von annähernd pe = -0,2 bis -0,4 bar zur Folge (Voransaugen). Öffnet dann der Kolben mit seiner Unterkante den Einlasskanal, saugt das Kurbelgehäuse Frischgas an (pe = -0,4 bis -0,8 bar).
Gleichzeitig wird oberhalb des Kolbens, also im Zylinder, das zuvor über den Überströmkanal geleitete Frischgas verdichtet (pe = 8 bis 12 bar). Kurz vor OT wird das Frischgas durch den Zündfunken entzündet und somit die Verbrennung eingeleitet. Der nun folgende Temperatur- und Druckanstieg (pe = 25 bis 40 bar) treibt den Kolben in Richtung unterer Totpunkt (Arbeiten). Bei dieser Abwärtsbewegung schließt die Kolbenunterkante den Einlasskanal, und die eingeströmten Frischgase werden im Kurbelgehäuse verdichtet (Vorverdichten). Kurz vor UT gibt die Kolbenoberkante den Auslassschlitz frei. Dadurch entweichen die Altgase durch den Auspuff bei pa = 2 bis 3 bar (Ausstoßen). Noch vor UT öffnet die Kolbenoberkante den Überströmkanal, wodurch eine Verbindung zwischen Zylinder und Kurbelgehäuse entsteht. Die im Kurbelgehäuse auf 0,3 bis 0,8 bar vorverdichteten Frischgase strömen mit pe = 1,4 bis 1,6 bar in den Zylinder (Überströmen). Die noch im Zylinder befindlichen Altgase werden dabei durch die einströmenden Frischgase verdrängt (Spülen). Mit der nachfolgenden Aufwärtsbewegung des Kolbens beginnt wieder ein neuer 1. Takt.
Motorleistung
Der Viertakter benötigt für ein Arbeitsspiel 2 Kurbenwellenumdrehungen, der Zweitakter nur eine. Er müsste also gegenüber dem Viertakter die doppelte Leistung erzeugen. Dies ist aber wegen des geringeren Liefergrads nicht der Fall. Grund für die schlechte Füllung ist der schlitzgesteuerte Gaswechsel. Problematisch ist das Überströmen in den Zylinderraum, denn die Altgase drücken gegen die einströmenden Frischgase; der Druck ist von der Drehzahl und dem Auslassquerschnitt abhängig.
Symmetrisches Steuerdiagramm
Um die Vorgänge in den beiden Takten übersichtlich darzustellen, bedient man sich eines Steuerdiagramms. Die darin angegebenen Winkel sind Positionen der Kurbelwelle. Man gibt sie in Grad vor OT, in Grad nach OT, in Grad vor UT und in Grad nach UT an. Symmetrisches Steuerdiagramm heißt: Die Aus- und Einlasskanäle werden vor beziehungsweise nach den Totpunkten im gleichen Abstand (° Kurbelwinkel) geöffnet oder geschlossen.
Da beim Zweitakter Vorgänge oberhalb des Kolbens (im Zylinder) und unterhalb (im Kurbelgehäuse) ablaufen, ist es zweckmäßig, das Steuerdiagramm in zwei getrennten Kreisringen darzustellen.
Der äußere Kreis beschreibt die Vorgänge oberhalb des Kolbens und der innere Kreis die Vorgänge unterhalb des Kolbens.
Vorgänge unterhalb des Kolbens (innerer Kreis): Der Kolben öffnet ungefähr 65° vor OT den Einlasskanal und schließt ihn 65° nach OT, d. h. der Einlasskanal ist während 130° Kurbelwinkel geöffnet. In diesem Bereich kann das vom Vergaser kommende Frischgas in die Kurbelkammer strömen (Ansaugen).
Bei der weiteren Abwärtsbewegung des Kolbens wird das Gas in der Kurbelkammer vorverdichtet. Die Vorverdichtung endet, wenn der Überströmkanal von der Kolbenoberkante freigegeben wird. Das Überströmen beginnt zirka 45° vor UT und endet 45° nach UT. Ist der Überströmkanal durch die Oberkante des Kolbens geschlossen, findet das Voransaugen (Raumvergrößerung) statt. Gibt die Kolbenunterkante den Einlasskanal frei, kann das Ansaugen - wie schon erwähnt - etwa 65° vor OT beginnen. An dieser Stelle wiederholen sich die Vorgänge.
Vorgänge oberhalb des Kolbens: Wenn der Kolben bei seiner Aufwärtsbewegung den Auslasskanal etwa 50° KW (Kurbelwinkel) nach UT geschlossen hat, beginnt die Verdichtung. Mit dem Zündfunken beginnt etwa 10° KW vor OT der Arbeitstakt. Dieser geht 50° KW vor UT durch das Öffnen des Auslasskanals (A.ö.) zu Ende. Jetzt beginnt das Ausstoßen. Weil nur 5° Kurbelwinkel nach dem Öffnen des Auslasskanals (Vorauslass) auch der Überströmkanal freigegeben wird, kann das einströmende Frischgas die Altgase verdrängen. Diesen Vorgang bezeichnet man als »Spülen«. Der aufwärts gehende Kolben verschließt zuerst den Überströmkanal und danach den Auslasskanal. Allerdings können dabei Frischgase durch den Auslasskanal entweichen.
Nach dem Verschließen des Auslasskanals durch den aufwärts gehenden Kolben beginnt ein neuer Verdichtungstakt.
Ein asymmetrisches Steuerdiagramm ergibt sich bei der Verwendung eines Membranventils als Gaswechselorgan. Diese Konstruktion wird hier nicht beschrieben.
Die unvollständige Skizze unten ist für die Verwendung in Arbeitsblättern gedacht.