Technik von gestern (3): Wasserantrieb 07.12.2016, 05:45
Ein Wasserrad, oft auch Mühlrad genannt, ist eine Wasserkraftmaschine, die die Energie des Wassers nutzt, um Wassermühlen aller Art mit Antriebsenergie zu versorgen. Ein Beispiel dafür ist die Mühle des Jockeleshofs bei Hinterzarten.
Beispiel Jockelesmühle bei Hinterzarten (Schwarzwald)
Das Hauptgebäude des Jockeleshofs bei Hinterzarten im Südschwarzwald (Foto) wurde 1704 errichtet. Es ist mit Nebengebäuden wie Sägemühle und Kapelle ein Zeugnis für die einstmals autarke Lebens- und Wirtschaftsweise auf einem abgelegenen Schwarzwaldhof.
Eine mit Wasserkraft betriebene Säge und Mahlmühle vereinigt die beiden Arbeitssysteme in einem Gebäude. Sie wurden 1996 - 98 restauriert und funktionsfähig gemacht. Die Anlage aus dem 18. Jahrhundert läuft mit alter Technik und oberschlächtigem Wasserrad.
In einer Beschreibung der Mühle liest man:
Das anfangs an anderem Ort stehende Mühlengebäude beim Jockeleshof wurde später in die Winterhalde umgesetzt und im 19. Jahrhundert um die Säge erweitert.
Die Mühle arbeitete nicht durchgängig. Während der Stillstandszeiten musste im Stauweiher eine Wasserreserve angelegt werden, die für den Antrieb und die Leistungsabgabe des Wasserrads verlässlich zur Verfügung stand. Das Wasser im Stauweiher läuft gleichmäßig aus dem nahen Hochmoor zu.
Bei Mühlen liegen die typischen Wasserradleistungen zwischen 2 und 10 kW. Oberschlächtige Wasserräder laufen mit Umfangsgeschwindigkeiten bis etwa 1,5 m/s = 90 m/min.
Bei guten Bedingungen erreichen oberschlächtige Wasserräder Wirkungsgrade von über 80 %. Auch moderne Wasserturbinen arbeiten nicht viel besser. Weil im Freien laufende Wasserräder im Winter vereisen können, erhielten sie oft ein Radgehäuse oder wurden zumindest unter das Mühlendach gesetzt. Dies bot den zusätzlichen Vorteil, dass das Austrocknen der hölzernen Bauteile bei Stillstand und einen damit einhergehenden unregelmäßigen Lauf des Rades verhindert wurde.
Die folgende Zeichnung zeigt, welche Funktionen die Mühle als Energielieferant für den Jockeleshof ausübte. Nicht gezeichnet ist der zum Hofgebäude gehende Drahtseiltrieb.
Auf einer Infotafel ist zu lesen:
Sägen und Mühlen gehören seit Mitte des 17. Jahrhunderts zum Erscheinungsbild der Schwarzwälder Hofgüter.
Die Mühle, hier zuerst errichtet, diente zum Schroten und Vermahlen von Getreide aus eigenem Anbau, wie Roggen, Dinkel und Gerste. ln einer beim Mahlwerk befindlichen Stampfe wurde Hafer als Pferdefutter zur besseren Verdaulichkeit gequetscht. Im 19. Jahrhundert wurde die bestehende Mühle um die Säge erweitert. Das Wasserrad betrieb nun wahlweise den Sägengatter oder das Mahlwerk. Gesägt wurden Stämme zu Brettern und Dielen für den Eigenbedarf wie auch für den Handel.
Die weitere Nutzung der Wasserkraft bestand aus einer Transmission und einem Drahtseiltrieb zum ca. 350 m entfernt liegenden Hof zum Antrieb landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte. Diese Anlage wurde 1887 beim Bau der Höllentalbahn abgetragen. Im frühen 20. Jahrhundert war in fast allen Mühlen eine Lichtmaschine für die Erzeugung von elektrischem Strom zu finden, die eine bescheidene Beleuchtung der Wohnräume und Stallungen des Hofes ermöglichte. Bei den Tüftlern unter den Schwarzwälder Bauern fand man wassergetriebene Drehbänke, Bandsägen, Schleifsteine und andere im Eigenbau hergestellte Maschinen, die auch von einer Tätigkeit des Zuerwerbs neben der Landwirtschaft zeugen. Stand das Hofgut mit seinen Wiesen und Äckern in steiler Hanglage, so betrieb man mit der Wasserkraft auch einen Karrenaufzug, mit dessen Hilfe man den Stallmist zur Düngung in die Höhe zog.