Sammelsurium (3): Kraft und Drehmoment 04.11.2010, 08:49
Mit den folgenden Themen haben sich Leser des tec.LEHRERFREUNDs beschäftigt. Darunter befinden sich ein an zwei Seilen hängendes Brett, eine Hubbühne mit Scheren-Konstruktion und noch einmal der Papierlocher.
Siehe auch Sammelsurium (2) und Sammelsurium (1)
1. Schwebendes Brett
Leser Yanick schrieb am 26. 01. 2010 dazu:
»Hallo liebe Helfer,
mir ist unklar, wo ich das Drehmoment wähle. So z. B. bei folgendem Beispiel:
In einem Loch wird ein Brett mit einer Schnur befestigt, d.h. das Brett ist am oberen Ende an der linken Seite des Loches (Wand) aufgestellt und am unteren Ende ist eine Schnur befestigt welche mit einem Haken an der gegenüberliegenden Wandseite des Loches befestigt ist. Nun “schwebt” das Brett im Loch. Wähle ich nun vorteilhaft den Drehpunkt bei Punkt »oberes Ende vom Brett zur Wand« oder beim Haken an welchem die Schnur befestigt ist? Wenn mir jemand weiterhelfen könnte - das wäre echt super!
Danke und Grüsse, Yanick«
Lösung
Wenn wir Yaniks Anordnung richtig begriffen haben, sieht sie ungefähr aus wie in der folgenden Skizze. Im Kräfteplan sind die auf das Brett wirkenden Kräfte mit ihren Hebelarmen eingezeichnet. FG ist das in Brettmitte angreifende Brettgewicht. Als Drehpunkt haben wir A gewählt. Aus der Momentengleichung
FB ∙ lB = FG ∙ lG wird
FB = FG ∙ lG : lB
Anmerkung: Yanick hat noch nachgefragt:
... Muss man für den Drehmoment am Besten immer einen Fixpunkt (Punkt, welcher sich nicht verändert) nehmen oder kann auch ein “variabler” Punkt gewählt werden. Damit meine ich: Darf sich der Drehpunkt auch verändern oder bleibt dieser immer am selben Ort? ...
Antwort:
Um Drehmomente - übrigens heißt es »das« Drehmoment - zu berechnen, ist es theoretisch gleichgültig, wo der Drehpunkt angenommen wird. Sinvoll ist seine Lage aber meistens nur an einem bestimmten Ort. Bei Ihrem Brett sind es die Angriffspunkte von FA oder FB. Bei der Berechnung von Achs- oder Lagerkräften sind es die Achsen oder Lager usw. Der Grund dafür wird im tec. LEHRERFREUND-Beitrag »Lagerkräfte berechnen« beschrieben.
2. Hubbühne mit Scheren-Konstruktion
Leser Rainer schrieb am 25. 04. 2010 dazu:
»Hallo, ich bin bei meiner Suche nach einer Antwort auf diese Seite gestossen.
Meine Frage: Wie berechne ich die Kraft einer Hebelanordnung, wenn mehrere Scherenhebel (wie bei einer Hebebühne) über Kreuz angeordnet sind? Hier wird die Kraft rechtwinklig zum Druck abgegeben und der Weg verlängert.
Bitte um Hilfe !!!!«
Lösung
Skizze A
Ist die Schere ganz hochgefahren, dann wirkt die Last FG an den Gelenken I und III, die halbe Last FG/2 an den Gelenken II und IV.
Skizzen B und C: Die Stabkräfte (es sind Druckkräfte) werden bei gleichem FG umso größer, je weiter die Schere eingefahren wird, also je kleiner der Winkel α wird. Fstab = FG : sin α
Der senkrechte Scherenweg ist: Senkrechter Weg des unteren Gelenkpunkts III mal Anzahl der auf einer Seite liegenden Stäbe. Hier liegen drei Stäbe übereinander.
Nach der tec. LF-Antwort ging es Rainer in einer weiteren Anfrage am 27. 4. darum:
»Wenn ich bei Skizze B am unteren rechten Punkt 200 kg Druck in Pfeilrichtung, mit einer Bewegung von 10 cm ausübe, bekomme ich dann am oberen, mittleren Punkt auch ca. 200 kg Druck mit einer Bewegung von ca. 20 cm?
Ich hab das Problem, dass ich diese 200 kg mit einer kleinen Bewegung, auf ca. 200 kg mit größerer Bewegung benötige. Bei welchem Winkel ist die Kraft/Weg-Übersetzung am wirkungsvollsten?«
Antwort des tec.LEHRERFREUNDS mit neuer Skizze:
Kräfte: Steht auf der Hubbühne eine Last mit 200 kg (= FG), dann ist die vom Hubzylinder aufzubringende Kraft nicht auch 200 kg. Wie groß die Hubzylinderkraft ist, hängt von der Schräge der Scherenhebel ab. Sie steigt mit flacher liegenden Hebeln stark an. Das zeigt der Vergleich von Fstab 1 mit Fstab 5.
Wege: Zwischen den Wegen s1 bis s5 und den Wegen sv1 bis sv5 besteht kein proportionales Verhältnis. Dies sieht man an der links eingezeichneten Kurve. Sie sagt aus, dass mit zunehmender Höhenverstellung die Höhen pro Zentimeter waagrechter Verstellung kleiner werden.
Dies alles bedeutet auch: Die Schere hat kein gleich bleibendes Übersetzungsverhältnis.
Am günstigsten arbeitet die Schere, wenn für das Anheben der Last möglichst wenig Kraft aufgebracht werden muss. Das ist der Fall, wenn die Last weit oben steht.
Anmerkung:
Die Scherenbühne ist interessant genug, sie demnächst in einem etwas ausführlicheren Beitrag unterzubringen.
Noch einmal
3. Locher
Leser Martin schrieb am 19. 05. 2010 dazu:
»Hallo tec. Lehrerfreund,
auch ich hätte eine Frage zum Thema Lochen. Wie müsste der Lochstempel (oder das Schneidewerkzeug) aussehen, wenn ich quadratische Löcher zum Beispiel in der Größe 3,5 mal 3,5 cm in einen Papierstapel von 100 Blatt normales Papier lochen (oder spricht man dann von schneiden) möchte?«
Antwort des tec.LEHRERFREUNDS mit Skizze:
»Hallo Martin,
abgesehen von der Überlegung, welchen Vorteil ein quadratisches Loch gegenüber einem runden wohl haben könnte, macht der tec.LF diesen Vorschlag:
Den Stempelschaft zylindrisch lassen und den eigentlichen quadratischen Lochstempel anfräsen.
Denkbar wäre auch ein einsetzbarer Lochstempel. Nachteil: Kostspielig.«
Kurz danach fiel dem tec.LF ein Irrtum auf: Leser Martin hatte von einem 3,5 Zentimeter-Loch gesprochen. Dazu schrieb der tec.LF:
»Hallo Martin,
wir haben vorhin übersehen, dass Sie nicht Löcher mit 3,5mm x 3,5mm sondern mit 3,5 cm (Zentimeter!!) stanzen wollen. Meinten Sie tatsächlich Zentimeter?
Falls Sie 35 mm-Durchbrüche produzieren wollen: Diese wären dann bestimmt jenseits aller Lochermöglichkeiten und Sie müssten sich ein ganz neues Lösungskonzept überlegen.«
Dazu eine weitere Anmerkung:
Es sollen 100 Blätter gelocht werden. Gegenüber einem üblichen kleinen Lochstempel würde die Lochkraft bei einem 35 mm-Stempel nochmals erheblich ansteigen. Die Kraft müsste man in einem Versuch ermitteln.
Sicher wäre es auch ein Problem, dass bei hohen Stanzkräften einzelne Blätter in das Stanzloch hineingezogen werden.
Kommentar Anne